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Brennende Erde – ein Mosaik der Narrative unter unseren Füßen

Ähnlich den Seiten in einem gut recherchierten Buch werden die Geschichten des Bergbaus aufgeblättert. Sie fördern Betrachtungen zutage, so, wie die Braunkohle ihren Weg aus unserem Boden findet. Unbarmherzig einer schwarzen Tiefe entrissen, finden sich ZuschauerInnen in einem Netz aus Schienen wieder. Erst langsam, dann rasanter, entspinnt sich entlang dieser eine Chronologie. Oder sollte besser gesagt sein: Eine fragile Kette aus Briketts, fein säuberlich aufgestellt und dazu verdammt, alsbald einzufallen?

 

So kontrovers und vielschichtig all die Vor- und Nachteile, heilbringenden Charakteristika und Risiken sowie Nebenwirkungen des fossilen Brennstoffes unter der „braunen Haut, die unseren Planeten umgibt […]“, sind, so undenkbar wäre es, alle sechs DarstellerInnen neben den weißen Overalls in eine feste Rolle zu zwängen. Das Korsett, welches Generationen vor uns und auch wir selbst unserer Natur anlegten und -legen, nimmt ihr die Luft zum Atmen und schnürt sie uns selbst ab. Doch welche Motive bewegen die Menschheit zu einem solch folgenschweren Abbau, zu drastischen Entscheidungen? Zuerst wohl das Bedürfnis nach Wärme, Energie. Oder das Primat der Profitgier? Die feste Arbeit? Hinter einem fühlbar dichten Nebel des Kohlestaubs, mit den fast wahrnehmbar rasselnden Lungen der BergarbeiterInnen und der Kinder bietet Brennende Erde sprunghaft politische, ökonomische, ökologische und soziale Schlaglichter eines historischen Werdegangs, der wohl nie ganz sein Ende finden wird.

 

„Der Boden, den wir Menschen bewohnen, ist nie ohne Einfluss auf unsere Zustände und unsere Sitten. So reichen manche Wurzeln des menschlichen Lebens bis tief hinab in das Innere der Erde und zurück in längst vergangene Zeiten. Denn es ist der Boden, den wir bewohnen, Resultat unzähliger langsamer und plötzlicher Umwälzungen, Reformen und Revolutionen.“

 

Aus Euphorie, aus Rausch wird Schmerz, wird Verlust, wird Trauer, wird Wut. Der feste Takt der Schaufelradbagger, das Geräusch der Stempel in Ämtern und Verwaltungen diktiert ein teuflisches Voranschreiten derer, die aus dem „Boden unter unseren Füßen, der uns trägt […]“ den Schmutz machen, von welchem wir als Gesellschaft uns nie werden reinwaschen können.

 

Celin Wisbereit, Studierende des Lehramtes Förderpädagogik an der Universität Leipzig, welche neben jenem Kulturgenuss die Herausforderungen in den Labyrinthen unserer wundervollen Sprache sowie in den unendlichen Wandelgängen der Worte sucht.