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Ein Missverständnis führt auf die Bühne – Spielclubeinblick Nr. 1

Seit September wird in unseren Spielclubs geprobt und ausprobiert und Stück für Stück entstehen die neuen Inszenierungen für die Club Convention. Damit ihr aber nicht bis Mai warten müsst, stellen wir euch hier schon einmal das ein oder andere Spielclubmitglied und die Arbeit der Gruppen vor. Ulrich Brückner, besser bekannt als Uli, und im Folgenden auch so genannt, macht heute den Anfang. Er ist seit fast sieben Jahren Mitglied des Spielclubs ü31.

 

Alles fing mit einem Zettel auf der Straße an, den er zufällig fand und auf dem – nach eigenem Verständnis – eine Putzkraft gesucht wurde. Ein Missverständnis, denn wider Erwarten suchte das LOFFT keine Putzkraft, sondern einen Mitspieler. Und so stand Uli schließlich in Heike Scharpffs „Ameisen Report“ auf der LOFFT-Bühne, statt sie zu reinigen. Nun ist er seit fast sieben Jahren Teil des Club ü31 und hat in weiteren Produktionen des Hauses als Komparse mitgewirkt. Für ihn war der Sprung zum Spielen gar nicht so fern ab von dem was er vorher tat, denn als Dozent für Verkauf war auch immer etwas Schauspielerei dabei. So ist es nicht verwunderlich, dass er neben dem Theater auch in mittlerweile ca. 40 Filmen und diversen Werbespots zu sehen war und zu sehen sein wird. Zuletzt hat man ihm die Anfangsszene des siebten Wolfsland Krimis anvertraut.  

 

Bei der Frage wie professionell man das Ganze aber machen und ob man davon leben kann, verlieren wir uns in einem Gespräch über das Schauspielstudium, Chancen danach und dem Schwund von festen Ensembles und kommen schließlich zu dem undefinierten Schluss, dass es nun mal nicht leicht ist und dazu eine Menge Leidenschaft und Geduld gehören.

 

Text lernt Uli trotzdem ungern und schwer, was nicht zuletzt auch der „angeborenen Faulheit“ geschuldet ist. „Es ist ein Prozess der Selbstdisziplin. Da wird das Handy ausgeschaltet, die Zimmertür geschlossen, alle möglichen Ablenkungen verbannt und dann muss sich ein paar Stunden hingesetzt und gebüffelt werden“. „Ich fühle mich in die Prüfungsphase im Abitur zurückversetzt, da war jeder Toilettengang und jede Tasse Kaffee eine kleine Flucht. Anders als beim ‚trockenen‘ Schulstoff kommt beim Spielen aber gleich der Körper mit zum Einsatz, denn nur so entsteht ein Charakter: Wenn man die Rolle spürt und der Text sitzt, kommt das Spiel fast automatisch.“

 

Bei ü31 werden die Themen vom Regisseur und Spielleiter Brian Völker vorgegeben und in der Spielzeit durch die SpielerInnen lebendig. Dieses Jahr arbeitet der Club zum Thema Sexualität und ich frage ihn, ob vorgegebene Themen nicht manchmal schwierig seien bei so einer großen und diversen Gruppe (etwa 25–35 SpielerInnen). Uli verneint, gerade diese Diversität bringt natürlich auch vielschichtige Ansätze mit sich, die die Inszenierung interessant machen. Dieses Jahr kommen alle Texte direkt aus der Gruppe, wobei sich vielleicht die Frage stellt: „Spiele ich also noch, wenn ich über mein Leben und meine Ansichten berichte?“ Aber schon zum Schutz spielt keiner seinen eigenen Text, das wahrt ein erforderliches Maß an Distanz.

 

Dass die vier Spielclubs des Hauses untereinander nicht noch stärker verzahnt sind, bedauert Uli. Von den unterschiedlichen Generationen und Perspektiven könnte noch mehr profitiert werden. Er könnte sich zum Beispiel gut ein komplettes Festival zu einem Thema wie „Toleranz“, „Schuld“, „Verantwortung“ oder vielleicht „die (unerträgliche?) Geschwindigkeit des Wandels – die Perspektiven unterschiedlichster Generationen im Vergleich“ vorstellen.

Einen Ansatz dieser Verzahnung versuchen wir dieses Jahr tatsächlich: Clubdelegierte, sprich interessierte SpielerInnen aus jedem Club die in die Entstehung der Club Convention involviert sein und die Kooperation zwischen SpielleiterInnen und den Clubs unterstützen wollen, haben die Möglichkeit zur Partizipation. 

 

Wir sind gespannt wie sich die Club Convention dieses Jahr gestalten wird und freuen uns auf die unterschiedlichen Inszenierungen und Perspektiven unserer Gruppen.

 

 

Ein kleiner Spielclubeinblick von Ulrich Brückner im Gespräch mit Rosa Preiß.

 

Rosa Preiß macht diese Spielzeit ihr FSJ-Kultur und schreibt davon auf diesem Blog. Die ursprüngliche Berlinerin hat gern den Überblick und ist somit die Tabellen- und Listenbeauftragte der Theaterpädagogik. In ihrer Freizeit lässt sie gern die Beine baumeln oder steht an der eckigen, familiären Crêpesplatte.