· 

Ein Lied von Hundesuizid

 

Einige meditative Minuten zu spät öffnet sich endlich die Tür zur Diskobühne: Das Publikum tritt ein in eine andere Welt. Eine Welt erfüllt vom Geruch von Räucherstäbchen, ausgekleidet mit Kunstrasen und Plastikpflanzen und belebt von den vielen jungen SpielerInnen, welche die Zuschauenden mit Phrasen wie „Schön, dass ihr da seid!“ und „Fühlt euch wohl in unserem Tempel!“ begrüßen.


Das Stück besteht aus verschiedenen mehr oder weniger emotionalen Szenen: mal meditativ, mal in Schwarzlicht getaucht, mal ekstatisch und mit lauten Technobeats unterlegt. Es erzählt ansatzweise die Kennlerngeschichte von Nele und Sebastian, welche von viel Abneigung und einer Blinddarmoperation gekennzeichnet ist. Diese ‚Handlung‘ wird von Monologen und Gesprächen über Politik, Gegenkultur, eben jenem Blinddarm und einem ominösen ‚Hurensohn‘ durchwoben und mit Liedern wie „Sweet Dreams (Are Made Of This)“ (Eurythmics) oder „Pocahontas“ (AnnenMayKantereit) aufgelockert. Die Inszenierung springt wild zwischen Poolparty-Impressionen, Yogachoreographien und Rave-Szenen hin und her.
Es gelingt dem Ensemble dennoch, in all diese scheinbar trivialen Elemente Themen wie Umweltschutz, Gewalt, Konsumzwang, Ehrlichkeit und innere Leere mit einzuflechten und dem Ganzen so einen etwas tieferen Sinn zu verleihen. Die sportliche, synthetische, teils metallisch glänzende Sportkleidung und das größtenteils aus Plastik bestehende Bühnenbild stehen sehr gegensätzlich zu diesen tiefergehenden Aspekten und stellen somit einen sehr interessanten Kontrast dar. Das Stück experimentiert mit Methoden wie chorischem Sprechen und lässt die Darstellenden zu einer Einheit werden, aus der nur Einzelne ausbrechen können.


Der humorvolle und sympathische Umgang der Darstellenden mit vereinzelten Texthängern und die enthusiastische Spielweise des Ensembles lassen die lückenhafte Handlung erfolgreich in den Hintergrund treten, täuschen über dramaturgische Mängel hinweg und machen die 105 Minuten zu einer Vorstellung voller Überraschungen.

 

Ein Bericht von Peter Fuchshuber