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ClubFusion-Festivalassistenz: Eine Wiederholung mit etwa 64 Stufen (oder so), dem Wunsch nach Orientierung und ganz viel Erfahrung sammeln

Es ist ein Dienstag Anfang Mai, an dem ich mich auf mein Fahrrad schwinge und mich in Richtung Innenstadt aufmache. Ich bin vor zwei Tagen in Leipzig angekommen und kenne mich noch nicht wirklich gut aus. Dank der Wegbeschreibung meiner Mitbewohner:innen weiß ich, dass ich eigentlich nur geradeaus muss und innerhalb von 15 Minuten dort sein müsste. Trotzdem verlasse ich das Haus eine halbe Stunde vorher, um genügend Zeit zu haben und nicht zu spät zu kommen. Ich bin nervös, vorfreudig und neugierig, was heute und in den nächsten zwei Monaten auf mich zukommen wird.

 

Vor dem Bühneneingang treffe ich auf eine:n meiner zukünftigen Kolleg:innen, Miles. Wir hatten uns schon mehrfach bei den Team-Sitzungen über Zoom gesehen, weshalb wir uns recht schnell erkennen. Zusammen gehen wir rein, an der Pforte vorbei und (gefühlt) in Schlangenlinien in das Foyer des Theaters. Dort stoßen meine anderen Kolleginnen Amelie, Babette und Tabea dazu. Wir führen das erste Gespräch in Person hinter Masken, während wir auf unsere Testergebnisse warten, im Büro, wo wir danach hingehen, können wir sie dann aber abnehmen – Testergebnis negativ. Die Gänge des Theaters wirken weitläufig und verwinkelt. Hier eine Sackgasse, dort ein Treppenhaus – wenn ich in dem mit den Plakaten bin, bin ich auf jeden Fall auf dem richtigen Weg. Außerdem finde man sich hier schnell zurecht, im Schauspiel. Mein Orientierungssinn würde dieser Aussage wohl nicht zustimmen, aber tatsächlich wird es mit jedem Mal, wenn ich das Haus betrete, einfacher.


Eigentlich hätte ich das Praktikum schon 2020 antreten sollen, damals noch für die ClubConvention. Wieso das nicht geklappt hat, sollte klar sein, weshalb ich mich umso mehr gefreut habe, es dieses Jahr nachholen zu dürfen, und zwar als Festivalassistenz der ClubFusion 2021. Das erste Spielclub-Festival seiner Art in Leipzig, organisiert in Kooperation von Schauspiel, der Oper und dem Theater der Jungen Welt. Geplant war, einen Raum für Begegnungen zu schaffen und den Produktionen live beizuwohnen. Aus bekannten Gründen musste jedoch umdisponiert werden, weshalb die diesjährige ClubFusion als hybrides Festival kontaktlos stattgefunden hat. Ich hatte viel Organisationsarbeit erwartet, sowohl vor, während als auch nach dem Festival, Kommunikationsaufgaben innerhalb des Teams im Schauspiel und zwischen den unterschiedlichen Häusern sowie Büro- beziehungsweise Home-Office-Zeit. Meine Wünsche für das Praktikum waren ein Einblick in die Festivalorganisation zu bekommen, die Möglichkeit, Eigenverantwortung zu übernehmen und in einem Team voller kreativen Menschen arbeiten zu können – auch, wenn wir uns hauptsächlich im digitalen Raum sehen würden.

Bei der Arbeit: Hanne, Clara und Miles
Bei der Arbeit: Hanne, Clara und Miles

Die erste Woche habe ich dazu genutzt, um mich langsam einzufinden, meine Arbeitszeit zu koordinieren und mir eine Übersicht über die Aufgaben zu machen. Zu Beginn habe ich hauptsächlich Bürotätigkeiten übernommen, wobei ich wieder feststellen durfte, wie gerne ich telefoniere. In einer Team-Sitzung hat sich dann die Idee zum „Drumherum“ herausgebildet, also dem Festival-Angebot, das für die Spielclubber:innen zusammengestellt wurde. Dies beinhaltete das Kick-Off, den Tag der Utopie und Workshops – bei den letzten beiden Bereichen durfte ich mithelfen. Das bedeutet einige Telefonate, viele E-Mails und Zoom-Gespräche. Ich fungierte als Ansprechperson für (potentielle) Workshop-Leitende und die melken-AG, die den Tag der Utopie mit einer Utopiewerkstatt begleitet hat. Für die jeweiligen Veranstaltungen war ich als technischer Support aktiv. Als ehemalige Studentin, die es sonst gewohnt war, Zuhörerin zu sein, habe ich es als sehr spannend empfunden, mal auf der anderen Seite zu sein. So weit, so gut – das alles waren Aufgabenbereiche, die mir bekannt waren, beziehungsweise die ich schon einmal (in kleinerer Form) erledigt hatte. Gleichzeitig konnte ich in Bereichen arbeiten, die ich zuvor noch nie erledigt hatte. Ich war bei der Konzeption des YOUtopie-Spaziergangs dabei und habe geholfen, ihn in die App Toto Go einzupflegen. Zudem habe ich mir Gedanken über mögliche digitale Feedback-Formate gemacht und zusammen mit Amelie die Feedback-Padlets gestaltet. Ich durfte auch ein wenig kreativ werden, etwa bei der Formulierung für die Website oder bei einem meiner persönlichen Highlights, dem Videodreh für das Kick-Off.


Es ist ein Donnerstag, Anfang Juli. Der Regen prasselt auf die Straße, während ich die Ampel überquere und das Schauspiel Leipzig ansteuere. Die Stadt ist mir mittlerweile nicht mehr so fremd, ich komme ohne die Hilfe eines Navis an mein Ziel. Sogar das Konversationszimmer im Haus finde ich nach einem kurzen Tipp ohne Probleme. Heute treffe ich mich mit meinen Kolleg:innen zum Team-Gespräch vor Ort, um die ClubFusion Revue passieren zu lassen. Es fühlt sich komisch an, einen meiner letzten Tage anzutreten. Die vergangenen zwei Monate und vor allem der Juni sind wie im Flug vergangen, und ich habe das Gefühl, so wirklich angekommen zu sein. Deshalb ist es natürlich schade, nicht länger in diesem Team und an diesem Haus zu arbeiten. Während ich im Aufzug stehe und mich in den zweiten Stock fahren lasse, muss ich trotzdem lächeln. Ich bin so dankbar für die Erfahrung, die ich hier machen konnte. Für jede Rückmeldung, die ich bekommen habe, jeden Fehler, den ich machen durfte, und für die Möglichkeit, mich ausprobieren zu können. Für die kleinen Extras um das Praktikum herum, wie etwa (General-)Probenbesuche, und für das Vertrauen, das in mich gesteckt wurde. Ich bin gespannt auf die zukünftigen Wege, die ich einschlagen werde, und wer weiß … vielleicht lande ich ja eines Tages wieder am Schauspiel und kann dann damit punkten, ohne Probleme zum Büro der Theaterpädagogik zu finden.

Durch die Schule, ein FSJ und das Studium der Theater- und Medienwissenschaft ist Theater nicht mehr aus Johanna Redetzkys Leben wegzudenken. Sie nutzt jede Möglichkeit, die sie bekommt, um hinter den Kulissen aktiv zu sein, zuletzt als Festivalassistenz für die ClubFusion 2021.