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Partizipation als Paradoxon

 

Einführend in die Diskussion referierte Dr. Hilke Berger über die Anwendung und Bedeutung von Teilhabe in Stadtentwicklung, Kunst und Kultur, ein Schwerpunkt ihres Forschungsgebiets an der HafenCity Universität Hamburg. Das Konzept der Partizipation werde immer noch gehypt und trotz inflationärem Sprachgebrauch auch heute viel diskutiert. Der Begriff könne auch mit public art, urban intervention oder community-based arts in Verbindung gebracht werden.

 

Partizipation habe sich zu einer „Parole“ und einem „Grundprinzip sozialer Netzwerke“ entwickelt. Gesellschaftliche Phänomene, wie Ausschluss/Einschluss, würden als Folge von Hierarchien in Gruppenprozessen hinterfragt werden. Dr. Berger kritisierte jedoch die Herangehensweise in Form von „Beteiligungsmaßnahmen“ oder „Heilsbringungen von außen“. Auch im künstlerischen Kontext schwinge immer Verantwortung mit, denn die KünstlerInnen könnten sich dieser Verantwortung nicht entziehen. Mit Christoph Schlingensief wurde ein künstlerisches Selbstverständnis zitiert: „Am Ende muss immer sichergestellt sein, dass meine Arbeiten einen sozialen Gedanken in sich tragen.“ Es gehe um Selbstermächtigung der KünstlerInnen: „Ich bin fremd und möchte jetzt hier mal mitmachen."

Das Künstler-Duo Lina Ruske & Philipp Rödel (greater form) möchte mit künstlerischer Forschung einen eigenen Raum für temporäre Zusammenarbeit mit Jugendclubs ermöglichen. In der Videoproduktion beispielsweise, könnten Kids selbst entscheiden, wann, wo und wie sie mitmachen möchten.

 

Kirsten Huwig, Museumspädagogin am Museum der bildenden Künste betonte, es gehe auch immer darum einen „Kanon“ zu hinterfragen. Frau Huwig veranschaulichte Carmen Mörschs Thesen über die „Vier Diskurs-Stufen“ anhand einer Kooperation des Museums für bildende Künste mit dem Verein Frauenkultur e.V., welche eine stärkere Beteiligung von ausstellenden Künstlerinnen zum Ziel habe. Damit Frauen in einer Institution, wie beispielsweise einem Museum, auch wirklich eine Stimme haben, sei zunächst die Dekonstruktion von Machtgefällen notwendig. Menschen müssten sich ihrer Privilegien bewusst werden. Teilhabe werde aber erst dann erreicht, wenn sich betriebsinterne Strukturen der Arbeitsorganisation transformieren lassen.

 

Yvonne Anders vom Projekt Kulturbahnhof e.V. plädierte für eine Zusammenarbeit mit Einrichtungen aus dem Bildungsbereich, welche den gesellschaftlichen Diskurs auch mit gestalten wollen. Es sei wichtig für eine wachsende Stadt, kostenfreie Angebote auch in Stadtteilen zu schaffen, welche innerhalb der Kulturbranche bislang unterrepräsentiert blieben. Nicht nur ökonomische Diversität, sondern auch kulturelle Beteiligung aller Altersgruppen unserer Gesellschaft, forderte Martin Gey von der Volkssolidarität Leipzig. Jennifer Gaden erzählte von ihrer Arbeit als Leiterin des Spielclubs „Die Spielfreudigen“. Es gehe ihr vor allem darum, dass in einer Stückentwicklung die Stimmen der SeniorInnen gehört werden. In Zusammenarbeit mit der Volkssolidarität Leipzig wurde das theaterpädagogische Angebot für die ältere Generation gegründet, um dem Anspruch gerecht zu werden, Theater nicht nur als Produkt, sondern auch als einen Entwicklungsprozess zu verstehen, welcher die SpielerInnen im Fokus hat.

 

 

Von Katharina Morawe