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„Die Spielfreudigen“ teilen mit uns eine der schönsten Erfahrungen: Schmetterlinge im Bauch!

Zärtlich und verletzbar singt Eva mit heller Stimme ein Lied von Hoffnung, Füreinander Sorgen, Erwartungen und Träumen. Ein sehr persönliches Thema: „Liebe und Sex im Alter“ wird sehr achtsam von der Spielleiterin Jennifer Gaden und ihrer Theatergruppe bearbeitet.

Eine Spielzeit lang haben sich die SeniorInnen von Recherchematerial, wie dem Roman „Alte Liebe“ von Elke Heidenreich und Bernd Schröder sowie eigenen Erfahrungen inspirieren lassen und eine Stückvorlage zusammen entwickelt. Während der Proben entwarfen die handwerklich geschickten SpielerInnen des Clubs die Puppen selbst und trainierten mithilfe des Leipziger Puppenspielers Wilfried Reach das Puppenspiel. Mit Erfolg: Die Figuren Lore und Harry, Viola die Reporterin und ihr Kameramann, sind lebendig geworden. Die Stimmen und die Gestik der SpielerInnen werden eins mit der Haltung und Stimmung der Puppen. Mit groteskem Witz moderieren sich die zwölf Seniorinnen und ein Senior durch den Abend. Urkomisch die Dialoge über erlebte Enttäuschungen, aber auch eine nie abgelegte Hoffnung auf eine zweite große Liebe. Wenn zum Beispiel ein Paar seinen Hochzeitstag in einem Restaurant an der Alster verbringt und die Frau das Gespräch sucht mit den Worten: „Oh, ein Fischreiher, jetzt hat der sich doch tatsächlich einen Fisch geschnappt“, reagiert ihr Mann nicht. „Hallo, Erde an Mars?“, führt Friederike das Selbstgespräch fort. Anhand fiktiver Geschichten und eigener Erfahrungen reflektieren und diskutieren die SpielerInnen ihre Erwartungen an das Leben und die Liebe; werden traurig und wütend über ihre Figuren, die im langjährigen Zusammenleben in Alltagsgesprächen über Fischfilets aneinander vorbei reden.

Aber auch neue Begegnungen im Park oder Wiederbelebungen in einer langen Ehe, werfen einen Hoffnungsschimmer auf das tabuisierte Thema von Liebe in der älteren Generation: Harry sorgt sich eben nicht nur um seinen Rittersporn, der im Garten von Nacktschnecken aufgefressen werden könnte, sondern denkt mit Sehnsucht an lebendige Diskussionen mit seiner Frau Lore zurück und möchte wieder mit ihr ins Kino, ins Theater oder in den Zoo gehen.

Die Inszenierung rückt Gefühle und Bedürfnisse der SeniorInnen wieder in den Fokus der Aufmerksamkeit, ohne bloßzustellen: Die einzigen „Schweinereien“ verursachte der Blumenkasten der Nachbarin auf Herrn Müllers Balkon. Wenn über Liebe und Sex im Alter gesprochen wird, dann geht es den SpielerInnen vor allem um Verbundenheit und Geborgenheit. Die Inszenierung kritisiert mit Charme und Humor unsere Gesellschaft, welche aufgrund der zunehmenden Sexualisierung unserer Lebensbereiche kaum noch Raum für diese Gefühle zulässt.
 

Von Katharina Morawe